Mythos um Internetfirmen Folge 3
Interview mit der Signal-Präsidentin Meredith Whittaker in der Republik. In dieser Folge thematisiere ich ein Interview, das Meredith Whittaker, die Präsidentin von Signal, der Republik gegeben hat. Sie spricht über den Mythos, den Internetfirmen gerne über sich und ihre Produkte verbreiten, und wie wir uns davon täuschen lassen. Ich bringe in dieser Folge diese Aussagen mit anderen ähnlichen Ereignissen in Verbindung und zeige anhand eines Fallbeispiels, wie mir die Folgen davon in einer Beratung begegnet sind. Zudem betone ich, wie wichtig Erziehung und pädagogische Interventionen im weitesten Sinne sind, um der versuchten Einflussnahme der Konzerne ein Gegengewicht zu bieten. Diese Folge bietet somit einen spannenden Einblick in die Thematik und meine Arbeit.
https://www.republik.ch/2023/07/05/we…
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Transskript:
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Willkommen zum Podcast Reden über Medien. Der Podcast bietet Informationen, Diskussionen, Einschätzungen und Positionen zu Themen rund um Medien, Digitalität, immer im Kontext von Kindern und Jugendlichen. Ich spreche über Themen wie Medienerziehung, Medienbildung und die zunehmende Durchdringung digitaler Medien in Arbeitsfeldern der sozialen Arbeit.
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Willkommen zu dieser neuen Folge des Podcasts Reden über Medien. Diesmal geht es um ein Interview, das die Präsidentin der Stiftung Signal der Republik gegeben hat. Ganz grob geht es da darum, die Rolle der großen Internetfirmen zu reflektieren und auch diese Mythenbildung Aufmerksamkeit zu geben. Im weiteren Verlauf der Folge werde ich dann auch weitere Beispiele bringen, die so in die gleiche Richtung gehen und dann darauf folgen. Kurz gesagt geht es so ein bisschen darum, wie ermächtigt wir uns als Erziehende oder Miterziehende fühlen, wenn es um digitale Medien geht. Um das zu veranschaulichen, habe ich auch noch so ein Praxisbeispiel eingefügt. Das ist quasi eine Fallbesprechung, die ich in einer Beratungssituation gehabt habe. Nun wünsche ich ihnen aber viel Vergnügen beim Zuhören, auf dass sie Inputs sammeln können, um später weiter über Medien zu reden.
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Signal ist einen unabhängigen Messenger, ich rede von Meredith Whitetaker, ein Gespräch geführt hat mit der Republik, wo sie ganz spannende Punkte aufbringt, wenn wir so von dem ganzen Thema KI und vor allem auch Macht der Konzerne hinter diesen KIs reden. Aus meiner Sicht bringt sie einen sehr wichtigen, spannenden Punkt auch auf, nämlich, dass dieser Hype, der entsteht, wenn man solchen Tools oder irgendwelchen Anwendungen zugesteht, dass das immer ja auch Werbung ist für diese Tools. Also je mehr wir diesen Mythos aufbauen von solchen Tools, die übermächtig sind, die Kontrolle über unser Leben übernehmen, umso mehr bekommen diese Tools eben auch ihre Macht. Es lohnt sich, diesen Artikel zu lesen. Ich möchte da inhaltlich nicht nacherzählen, was sie erzählt hat. Ich möchte vielleicht mehr Verbindungen schaffen, die mir auffallen, wenn ich so etwas lese. Sie ist ja nicht die einzige, die solche Kritik äußert. Das gab es damals schon.
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Das war der große Hype, als das erste Mal so eine künstliche Intelligenz oder ein Machine Learning System von Google es geschafft hat, den besten Go Spieler der Welt in diesem sehr komplexen Spiel zu schlagen. Und da gab es schon Stimmen aus der Wissenschaft, die so wie darauf hingewiesen haben und gesagt haben, es ist einfach die Firma, die sagt, wir haben das geschafft, aber wir haben wie keine wissenschaftlich überprüfbaren Fakten, um solche Systeme auch zu überprüfen, ob sie tatsächlich das leisten, was sie versprechen. Also blöd gesagt, man weiß nicht, ob da auf der anderen Seite der Leitung vielleicht einfach ein großes Team sitzt, das diese Fragen im Namen des Systems beantwortet. Also es sind so Blackboxen, sind so diese Nachrichten und wir lassen uns dann auch oft blenden von diesen Nachrichten. Also jetzt im Artikel von der Signalchefin spricht sie auch davon, von dieser großen Aktion, wo verschiedene Firmen, also wo verschiedene Chefs von so AI Firmen gefordert haben, dieses Moratorium zu machen, dass man jetzt irgendwie wie lange, ein halbes Jahr stillhalten muss, um zuerst gute Regeln zu erarbeiten, weil die Entwicklung zu schnell geht und das gefährlich wird für die Gesellschaft. Und da passieren zwei Sachen. Auf der einen Seite positionieren sie ihre eigenen Tools als übermächtig und auf der anderen Seite profilieren sie sich als als die, die auch diese Technologie kontrollieren wollen. Und sie erwähnt in diesem Artikel auch, dass man das kennt, z.B.
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auch von der Tabakindustrie, dass in dem Moment, wo Lobbyisten merken, dass eine Regulierung unabdingbar ist, dass sie sich dann ganz stark einmischen, damit die Regeln, die dann entstehen, die Regeln sind, die dann Firma zweitausendein, die der Firma auch entgegenkommen. Ich möchte den Fokus irgendwie nochmal auf andere Beispiele bringen, wie z.b. das war damals mit Cambridge Analytica, es war ein großer Skandal, die Firma, die hat ja Daten von Facebook gekauft und mit diesen Daten so quasi die Wahlen beeinflusst. Und da kam dieser große Skandalartikel raus, man hat darüber geschrieben und natürlich ist, ich sage nicht, man soll über solche Skandale nicht schreiben, aber was natürlich wie auch passiert ist, ist, dass dieses System dahinter steht ja so ein Psychologe, der gesagt hat, es gibt so diese fünf Fragen, mit diesen fünf Fragen kann er die Menschen einteilen und dann weiß er, wie er die beeinflussen muss und dann machen die so quasi, was ich will. Und er hat sich da auch ganz reu gegeben, er hätte da die Büchse der Pandora geöffnet. Und ja, auf der einen Seite ist es so diese Aufklärung, aber auf der anderen Seite, man weiß auch, dass das nicht so funktioniert, dass der Mensch nicht so einfach manipulierbar ist. Und dieser Skandal, der hat natürlich auch ganz viel Werbung produziert für die Firma, die dieses System verkauft. Also die Firma, die früher Camera Generalytica geheißen hat, die gibt es heute noch und die macht jetzt einfach unter anderem Namen wahnsinnig viel Ÿousand Profit.
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Und dazu noch diesen Hinweis, in der Fachsprache sagt man, eine solche Firma hat einen doppelseitigen Markt. Also das heißt, der Markt funktioniert nicht nur auf einerseits ich habe 1 Billion verkauft, die vergelt, sondern der Markt hat.
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Auch eine zweite Seite und da muss man sich vorstellen, in der Mitte steht das Produkt, also z.b. eine Social Media Plattform. Auf der einen Seite ist das ein Markt zwischen der Firma, die diese Plattform anbietet und sage jetzt uns den Usern und da ist der Deal, wir bekommen eine Dienstleistung, wir könnten Sachen ausprobieren und zahlen dafür quasi mit unseren Daten. Also wir stellen unsere Daten dafür zur Verfügung und auch unsere Aufmerksamkeit, die wir auf diesen Plattformen verbringen. Und der andere Markt ist dann zwischen den zwischen Großkunden, die dann wirklich bezahlen mit Geld und dieser Social Media Plattform Firma mit diesen Daten oder mit dieser Aufmerksamkeit Geld verdient. Also meistens ist das durch Werbung, dass diese also der bezahlende Kunde Kundin dann Werbung zur Verfügung stellt und der Plattformbetreiber spielt die den Kunden, die ja mit Aufmerksamkeit bezahlen, spielt diese Werbung aus. Oder ein anderes Geschäftsmodell ist ja dann z.B. wie das bei Cambridge Analytica spaziert ist, ist das Cambridge Analytica irgendwie findet, wir möchten dieses zweitausendeinundzwanzig Gamerführer Plattform ausspielen und die Leute füllen dann da ihre Sachen ein und versorgen uns dann quasi direkt mit Daten.
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Und so funktioniert z.B. auch Netflix. Auf einer Seite ist das ein Geschäft zwischen Netflix und uns, wo wir für ein bisschen Geld Serien zur Verfügung bekommen. Und dann gibt es wieder einen anderen Markt, wo Netflix mit Investoren verhandelt, die die Daten brauchen können, die Netflix generiert. Und wenn wir jetzt solche Sendungen z.B. anschauen oder so Filme wie dieser Social Network, der so Furore gemacht hat und auch aufgezeigt hat, wie wir da manipuliert werden und wie wir da willenlos diesen Social Media Plattformen ausgeliefert sind, dann ist das immer auf der einen Seite kommt das so kritisch daher, man fragt sich schon fast, wie konnte der Film veröffentlicht werden, gerade auf Netflix? Und der gehört ja auch dazu. Aber auf der anderen Seite ist es immer auch Werbung für quasi diese Übermacht der Erbkonzerne und was die auch gerne machen.
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Und das stimmt dann auch für all diese Warner und Warnerinnen, die dann finden, hey, ich hab da mal gearbeitet und dann erzählen sie wie schrecklich und die gemeinen Tricks, die da angewendet werden. Und natürlich werden da Tricks angewendet. Also man kennt das Thema von diesen Dark Pattern und diesen Gewohnheitssachen. Da sind ganz viele Psychologen daran, diese Tools so zu bauen, dass wir möglichst viel Aufmerksamkeit mit denen verbringen. Das gab es aber auch schon immer und ist immer noch so, dass ein Großteil von den Psychologen und Psychologinnen, die wir ausbilden, die arbeiten früher oder später irgendwo in der Werbung oder in der Kommunikation, wo es darum geht zweitausendein unsere Meinung zu beeinflussen. Und das werden ihnen all diese Menschen auch bestätigen. Und das weiß man auch aus der Prävention. Der Mensch ist nicht so einfach zu beeinflussen, weil er hat seinen eigenen Wille.
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Und da kommt auch die starke Rolle von uns Erwachsenen oder von uns Eltern ins Spiel. Und da kommen wir jetzt eben zurück zum Thema Medienerziehung und warum medienerziehen Erziehung so wichtig ist. Erziehung dient dazu, das Individuum zu stärken und in der Entwicklung zu fördern, so dass dieser Mensch eben nicht jedem Windlein und jedem Beeinflussungsversuch ausgesetzt ist. Sei es durch die Werbung der Tabakindustrie, sei es durch Alkoholwerbung, sei es durch andere verlocken, die es gibt. Das ist Erziehung und da sind wir auf keineswegs ausgeliefert. Und es ist eben da auch wichtig, dass wir diese dieses Selbstbewusstsein oder diese Haltung auch Behaltung behalten, nicht ausgeliefert zu sein. Da möchte ich jetzt ein kleines Beispiel aus meiner Arbeitspraxis bringen. Da wurde ich für eine Beratung angefragt von einer sozialpädagogischen Institution.
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Das war ein Heim, wo Jugendliche in Krisensituationen aufgenommen werden. Und so die Anfrage, also das Problem war, wir sind dem Drang der Jugendlichen nach ihren Handys ausgeliefert. Wir können unsere Arbeit nicht mehr richtig machen. Wir brauchen da einen Input. Und was ich bei solchen Gesprächen am Anfang immer mache, ist so dieses mal Auge weg vom Bildschirm. Was ist denn überhaupt das Problem? Und die Problemanalyse hat sich dann so dargestellt, dass die Jugendlichen erstens mal in einer Krisensituation sind. Die Jugendlichen sind getrennt von ihrem ganzen Umfeld.
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Die Jugendlichen haben Mühe mit dieser Situation und die Jugendlichen haben vor allem Mühe mit alleine sein und mit einschlafen. Auf einer Haltungsebene kamen wir auf den Punkt, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gesagt haben, wir wollen Medien nicht einfach pauschal ÿousand verteufeln. Wir anerkennen das als Teil der Realität der jungen Menschen. Wir anerkennen die Krise, wir anerkennen, dass wir als Institution uns, dass die Aufgabe der Institution ist, diese Krise zu bewältigen und den Jugendlichen auch ein Stück weit Alltagskompetenz, ein Stück weit Alltagskompetenz mitzugeben. Also darin integriert auch wie Medienkompetenz im Sinne von, dass man Medien einsetzen kann, um seine Probleme zu lösen, aber ohne davon abhängig zu werden. Dann wurde sich dieser Institution auch bewusst, dass ihre Aufgabe ist, dass es ihr Recht und ihre Aufgabe ist, ein Handy im begründeten Falle eben auch wegzunehmen oder das zu entziehen. Man wurde sich aber auch bewusst, dass das zu wenig kommuniziert worden ist. Das war ja schon mal eine gute Ausgangslage und wir wollten gerade den Schritt machen.
00:13:15
Welche Maßnahmen braucht es, um den Jugendlichen beim Einschlafen zu helfen, Krisenbewältigung zu helfen und da einen guten Mix zu finden, wo das natal und wo das Smartphone oder einfach Medien eine Rolle spielen sollen oder nicht. Spannend war, in dem Moment kam die erste Intervention der Heimleitung, die bei diesem Gespräch auch dabei war. Und die hat den ganzen [SOS/EOS], Prozess gestoppt mit der Begründung, wir müssen da gar nicht weiterreden, weil diese Konzerne haben so eine große Macht auf unsere Jugendlichen, da haben wir keine Chance. Und wir waren also nicht mehr, wir durften also nicht mehr weiterarbeiten auf diesen Linien. Ich verstehe bis heute nicht diese Intervention und woher sie so plötzlich gekommen sind. Ich habe dann auf verschiedene Reaktionen bekommen, dass das anscheinend ein bekanntes Problem ist in dieser Institution. Und da gibt es sicher ganz viele Gründe dafür, aber ich erkenne darin dieses Muster, dass man halt findet, ja, es ist halt schrecklich, ja, die Handys, die sind halt so, wir können da nichts machen. Und wir müssen uns wie bewusst sein, dass diese Haltung oder diese Hoffnungslosigkeit schlussendlich auch durch Propaganda zweitausendein produziert wird.
00:14:39
Und ja, die Tools sind gut und.
00:14:41
Ja, da wird Geld investiert, aber wir sind da nicht allein gelassen. Unsere Erziehung, unser Wollen, unser Bewusstsein ist stärker als all diese Bemühungen.
00:14:53
Und genau aus diesen Gründen braucht es diese Medienerziehung, genau aus diesen Gründen braucht es dieses Reden über Medien. Wir müssen uns gegenseitig bestärken, wir müssen uns gegenseitig mit dem nötigen Wissen ausstatten, hier eben ein Gegengewicht zu machen. Und ich denke, etwas, was ganz wichtig ist dabei, ist eine gute Laune zu behalten. Und in einer bisschen fachlichen Sprache ausgedrückt, braucht es da dieses Selbstwirksamkeitsgefühl, dass wir etwas bewirken können und wollen, dass wir da nicht gegen das Böse kämpfen, sondern etwas, das wir in den Griff kriegen können. In diesem Sinne hat es mich sehr gefreut, dass du bei dieser Folge von Reden über Medien dabei warst. Ich hoffe, dass du weiter dabei bleibst.
00:15:43
Und wir hören uns in einer neuen Folge.
00:15:45
Und bis dann wünsche ich dir eine gute Zeit.